Herr Grün, der Gemüsehändler
Habe ich Ihnen schon die Geschichte von Herrn Grün, dem
Gemüsehändler, erzählt?
Es war da einmal ein Mann, ein Gemüsehändler, der weit und breit
einen ausgezeichneten Ruf hatte. Sein Name war Grün, Herr Grün, und
dreißig Jahre lang war er mit seinem Stand auf dem Marktplatz vertreten.
Jeden Morgen, ganz früh, war Herr Grün damit beschäftigt, sein
frisches Obst und Gemüse mit großer Sorgfalt und mit Bedacht auszulegen.
Es wird keinen überraschen, dass Herr Grün seinen guten Ruf nicht
nur durch den Verkauf von frischem Obst und Gemüse erworben hatte. Was
die Leute wirklich anzog, war das gewisse Etwas, das in seiner Arbeit zu finden
war; dieses Etwas veranlasste die Leute, bei Herrn Grün zu kaufen. Man
kann seine Ware auf dem Markt zum Verkauf anbieten, man kann das Angebot aber
auch mit Sorgfalt, Geschick und Liebe arrangieren, so dass dieses gewisse Etwas
spürbar wird.
Eines Tages ging Herr Grün in Rente und tat nicht mehr das, was ihm so
viele Jahre lang Freude bereitet hatte. Er stand nicht mehr jeden Morgen so
früh auf, um seinen Stand vorzubereiten. Sein Leben war abrupt verändert,
er lebte in einem Vakuum, ohne Perspektiven. Es besuchten ihn auch keine Leute
mehr und sein Leben begann schlichtweg dahinzuschwinden.
Herr Grün war natürlich der letzte, der seine Lage durchschaut hätte.
Aber er hatte eine Ehefrau und die sah, was los war, die hatte erkannt, was
ihm fehlte. Eines Morgens sagte sie zu ihm: “Setz dich mal hin! Du brauchst
nur eine Sache zu tun und dein Leben kann dir wieder Freude machen.“
Und
sie fuhr fort: “Wenn du am Morgen aufgestanden bist, gehst du nach
unten und legst auf dem Tisch ein paar Früchte und etwas Gemüse genau
so hin, wie du es all die Jahre gemacht hast. Dann setz dich und trink deinen
Kaffee und warte. So gibst du dir selbst ein Zeichen, dass du offen bist für
das gewisse Etwas. Dieses gewisse Etwas hast du doch immer eingeladen, in deinem
Leben mit dir zu sein. Du bist abgeschnitten von dem, was du liebst, abgeschnitten
von deinen Freunden. Ohne sie bist du verloren und ohne dich wissen auch sie
nicht wohin.“
Er hörte auf seine Frau und tat, wie sie ihm vorgeschlagen
hatte. Jeden Morgen arrangierte er auf dem Küchentisch Obst und Gemüse.
Und sein Leben wurde wieder reich und er war zufrieden. Und bald besuchten
ihn wieder viele Leute, die er im Laufe der Jahre kennen gelernt hatte, weil
sein persönlicher
Zauber zurückgekehrt war, jener Zauber, der immer ein Teil seines Lebens
gewesen war, in seinem Obst- und Gemüsestand.
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