Bilder einer inneren Ausstellung, oder was Frauen im Innersten zusammenhält
Skizzen aus dem Leben von Frauen - nicht nur für Frauen.
Gehören Sie auch zu den Menschen, die in Biografien am liebsten die Bilder
betrachten? Bilder von Menschen haben mich schon immer fasziniert, und in den
letzten Jahren habe ich wohl Hunderte von Frauenportraits betrachtet und suchte
nach der Geschichte, die sie erzählen.
Leonardo
da Vinci sagte einmal: „Ein guter Maler hat im Wesentlichen zwei Dinge
zu malen, nämlich den Menschen und seine geistige Verfassung. Das erste
ist leicht, das zweite schwer...” Da Vincis reiche Hinterlassenschaft
ist Zeuge für seine Meisterschaft, geistige Regungen festzuhalten, angefangen
mit der Mona Lisa, an der er mehrere Jahre arbeitete, bis hin zu Skizzen, geschwind
auf dem Marktplatz zu Papier gebracht.
Stellen Sie sich vor, ein Maler würde Sie durch Ihr Leben begleiten und
in seinen Bildern eine Vielzahl von Momenten festhalten, die Ihr Wesen kennzeichnen:
Die Spielende. Die Lesende. Mädchen mit Freundin. Die Wütende. Die
Nachdenkliche. Die Liebende. Die Herausfordernde. Die Lebensmanagerin. Die
Besonnene... Bilder von Geburt bis ins hohe Alter, Bilder für jede Gefühlslage,
Bilder für jede Fähigkeit, Bilder für Ihre besonderen Qualitäten.
Einige Szenen kehren immer wieder, andere sind nur kurz zu sehen. So entsteht
das Mosaik eines Lebens und bald wird klar, dass einige Bilder zusammengehören
und andere sich stark unterscheiden. Und doch sind sie alle Teil eines Ganzen,
das in Bewegung bleibt, solange sich noch neue Steinchen hinzufügen. Und
so wie viele Menschen Ihre Schnappschüsse unsortiert in einem Pappkarton
aufbewahren, tragen die meisten von uns ihre Mosaikteile in sich. Sie beeinflussen
uns täglich, doch wissen wir auch, was uns gerade beeinflusst?
Und kennen Sie diese Situation? Sie sehen ein Foto von sich und denken: „Ich
sehe schrecklich aus, meine Haare sitzen wieder nicht und ich habe schon wieder
zugenommen.” Dann betrachten Sie ein Foto von sich, das vor 10 Jahren
gemacht wurde, über das Sie ursprünglich dieselbe Reaktion hatten,
und denken: „Eigentlich sehe ich da schön aus, ich weiß gar
nicht, was ich hatte.” Hier treffen Sie auf die zweite Schwierigkeit:
Wie können wir objektiv sein und nicht persönlich betroffen, wenn
es um unser eigenes Leben geht?
Zu Jahresbeginn erstellten wir für die Feminenza-Arbeit in Deutschland
einen Fragebogen für Teilnehmerinnen unserer Workshops und Vorträge.
Ein Thema, das besonders viel Zuspruch erhielt, war die Frage: „Sich
als Frau weiterentwickeln - Was heißt das?” Viele Frauen
sehnen sich danach, sich zu entwickeln und ihr Leben mehr selbst zu bestimmen.
Und direkt steht die Frage im Raum: Was können und möchten Frauen
denn entwickeln
Meinen sie, die Brust vergrößern zu lassen, berufliche Fähigkeiten
und Karrierechancen zu erweitern, eine bessere Mutter zu sein, die Regierungen
der Welt zu übernehmen, sprechen sie von einer spirituellen Entwicklung?
Meinen alle Frauen etwas anderes? Hat der Zeitgeist damit zu tun? Ist Entwicklung
für Männer und Frauen gleich?
Und
wenn die erste schwierige Frage nach dem Ziel geklärt ist, steht wie bei
einer Expedition eine Bestandsaufnahme an: Was ist die Ausgangsposition, welche
Ausrüstung und Proviant stehen zur Verfügung, was muss noch trainiert
werden? Dies ruft danach, zunächst Ordnung in die Mosaiksteine des Lebens
zu bringen. Hier helfen gedankliche Rahmenkonzepte, um die Bilder und Mosaikteile
zuordnen und damit auch besser verstehen zu können. Dies könnte eine
Zeitlinie von Geburt bis ins Alter sein. Doch es gibt auch Modelle, die eher
die unterschiedlichen Naturen und Wesenszüge einer Frau berücksichtigen.
So verwenden wir in den Feminenza-Studien das Rahmenkonzept von Weib, Frau
und Dame. Auch hier liegt eine gewisse Zeitfolge nahe, die sich in der deutschen
Sprache in den ursprünglichen Wortbedeutungen widerspiegelt.
Laut Duden, Herkunftswörterbuch, entstand erst das Wort Weib, mit altgermanischem
Ursprung. Man vermutet, dass das Wort ursprünglich „drehen, umwinden,
umhüllen” bedeutete und im Mittelhochdeutschen zu dem Wort „Wip” wurde
und im Englischen zu „wife” und „weave”. „Frau” entstand
aus einem germanischen Wort für „Herr” und war bis ins 17.
Jahrhundert eine Standesbezeichnung und ehrende Anrede der Herrin, z.B. „gnädige
Frau”. Dame schließlich ist die jüngste Bezeichnung und kam
um 1600 aus dem Französischen in die deutsche Sprache und bildete sich
aus dem lateinischen Domina, die „(Haus)herrin”. Doch leider hat
sich über die Jahrhunderte einiges an Staub auf die Bedeutung gelegt,
und so erscheint uns aus heutiger Sicht das Weib unselbständig, dem Manne
hörig und dumm, die Frau ist als einzige akzeptiert, hat gleiche Chancen
und steht mit beiden Beinen auf dem Boden, und die Dame ist arrogant, reich
oder dämlich. Es ist an der Zeit, den Staub wieder zu entfernen.
Weib, Frau und Dame auf der Spur
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Dies sind zwei Gemälde von Lady Hamilton, beide
von George Romney gemalt, dem es gelang, das Weib und die Frau in ihr darzustellen |
Bei der Geburt hat das Gehirn eine unendlich große Zahl von Verbindungsmöglichkeiten
zwischen allen Gehirnzellen, und erst mit der Zeit bilden sich Wege heraus,
die immer wieder begangen werden, diese werden mit der Zeit immer mehr gestärkt,
andere nie genutzte Wege verkümmern. Ähnlich ist es in der ersten
Phase des Leben, in der sich das „Weib” formt. Aus der Vielzahl
von Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen, entstehen mit der Zeit
Vorlieben, Verhaltens- und Gefühlsmuster, Lebenssichtweisen und Neigungen,
die meistens durch das ganze Leben erhalten bleiben und auch unser Wohlbefinden
bestimmen.
Das englische Wort „weave” heißt weben, und auf der Ebene
des Weibes sind alle Frauen miteinander verbunden. Diese Verbundenheit drückte
Anita Roddick, die Gründerin des „Body Shop”, so aus: „Etwas
ist wunderbar an Frauen, und ich glaube, dass kaum ein Sozialwissenschaftler
dies bisher richtig verstanden hat, und das ist, dass Frauen durch gemeinsame
Erfahrungen miteinander verbunden sind - durch Kinder und die Rituale
und Probleme unseres Körpers. Ein Mann braucht einen Schachzug, um eine
Unterhaltung mit anderen Männern zu beginnen. Frauen brauchen dies nicht,
da ein Gefühl von Kameraderie und von geteilten Interessen direkt zwischen
uns vorhanden ist.”
Wenn
Maler in einem Bild das „Weib” betonen, stellen sie oft mehrere
Frauen dar, und sie heben die Körperlichkeit hervor, z. B. Frauen beim
Kämmen, sie betonen den Rücken oder malen verspielte Frauen. Ein
schönes Beispiel hierfür sind „Die Badenden” von Edgar
Degas.
Mit der Pubertät aktiviert sich ein weiterer Aspekt und nun muss sich
das Weib die Lebensbühne mit einer neuen Partnerin teilen, denn die „Frau” erwacht.
Und dies schließt viele Jahre Verantwortung und Service ein: Dienst für
die Familie, den Beruf, den Mann... Aber auch den Kampf um gleiche Rechte,
das perfekte Management der eigenen Aufgaben, die ständige Erweiterung
des eigenen Horizonts und der eigenen Fähigkeiten. Helena Rubinstein sagte
von sich: „Ich glaube an harte Arbeit. Sie verhindert Falten im Kopf
und im Geist, und sie hilft, eine Frau jung zu erhalten.” Und Nellie
Melba, eine berühmte australische Opernsängerin, sagte Anfang des
20. Jahrhunderts: „Wäre ich ein Hausmädchen geworden, dann
mit Sicherheit das beste in ganz Australien. Ich kann nicht anders. Für
mich muss es Perfektion sein”. Dies klingt nach Stress? Tatsächlich
ist die Frau in uns etwas stressanfällig, aber eben auch sehr fähig,
ausdauernd und innovativ, während das Weib in uns Dinge mit Ruhe angehen
möchte, immer eine Sache nach der anderen - und mit Gefühl.
Zwischen dem harmonie- und anerkennungsbedürftigen Weib und der bestimmenden
und stets beschäftigten Frau in uns kann es schon zu einigen Reibereien
kommen. Zum Glück kommt mit den Jahren immer mehr Lebenserfahrung und
hoffentlich auch eine Portion Lebensweisheit hinzu, und hieraus formt sich
die Dame. So ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass, wenn alles gut geht,
die Dame nach der Menopause besonders viel Raum in uns einnimmt. Das ist die
gute Nachricht, und wäre es nicht eine große Erleichterung, wenn
dies allen Frauen während und nach der Menopause bewusst wäre? Die
schlechte Nachricht ist, dass zwar Weib und Frau sich automatisch und garantiert
entwickeln, die Dame jedoch nicht, sie braucht die Erfahrung, Qualität
und Weisheit, um sich zu bilden.
Von
Laura Wheeler Waring, einer schwarzen Künstlerin, die Ende des 19. Jahrhunderts
geboren wurde und sehr einfühlsame Portraits malte, sagte jemand: „Es
gelingt ihr, in ihren Bildern die Essenz der Person auszudrücken, die
sie malt”. Sie habe neue „Standards der Würde” in der
Portraitmalerei gesetzt. Es ist die „Dame”, die hierfür ein
Gespür hat.
Bilder, die die „Frau” betonen, stellen die Gemalte oft bei einer
Tätigkeit dar, wobei Gesicht und Hände besonders auffallen, oder
als eine selbstbewusste Person, die alles im Griff hat. Vielleicht ist der
Kopf sogar ein wenig nach links geneigt? Bei der bildlichen Darstellung der „Dame” fällt
insbesondere ihre Ausstrahlung auf, manchmal betont durch einen ausladenden
Hut. Eine Frage, die ich mir hier oft stelle, ist: „Würde ich zu
dieser Frau gehen, wenn ich einen guten Lebensrat brauche?”
Und zum Abschluss soll noch Helen Keller zu Wort kommen, eine sehr mutige
Frau, die als Kind nach einer Krankheit erblindete und taub wurde, aber lernte,
dass sie anders kommunizieren konnte, und die international große Anerkennung
für ihre Arbeit und ihre tiefe Menschlichkeit erhielt: „Charakter
entwickelt sich nicht mühelos und in der Stille. Nur durch die Erfahrung
von Versuchung und Leiden kann die Seele gestärkt, die Vision offenbart,
der Ehrgeiz inspiriert und Erfolg erworben werden.”
Sabine Delderfield
Wenn Sie an der Arbeit von Feminenza Interesse haben oder wenn Sie sich mit
uns gemeinsam weiter die Frage stellen möchten „Sich als Frau weiterentwickeln -
Was heißt das?”, hier ist unsere Kontaktadresse: www.feminenza.de
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