Wir stellen vor: Feminenza, ein neues internationales Frauen-Netzwerk
Die Emanzipation der Frau, ein langer Weg.
Die Etablierung der Frauenrechte, die in den letzten hundert Jahren wenigstens
im Abendland stattgefunden hat, kann verstanden werden als die Wiederannäherung
an einen ursprünglicheren Zustand zwischen Männern und Frauen, der
geschichtlich gesehen einen Riss erhielt in der sogenannten „Achsenzeit”
(800 - 200 v. Chr.). Historiker bezeichnen diese geschichtliche Periode als
Achsenzeit, weil die vielen religiösen und denkerischen Neuansätze
dieser Zeit eine weittragende Wirkung auf das menschliche Bewusstsein hatten.
In den Lehren, die in dieser Zeit entstanden sind,Taoismus und Konfuzianismus
in China,Buddhismus in Indien,Monotheismus im Mittleren Osten und Iran, griechische
Philosophie in Europa – gibt es trotz großer Unterschiede einige
fundamentale Gemeinsamkeiten. Einer der gemeinsamen Wesenszüge ist die
Betonung ethischer und moralischer Fragen, die bedauerlicherweise zu einer gesellschaftlichen
Statusminderung von Frauen führte, die von nun an als mindere Wesen empfunden
wurden. Christentum und Islam entstanden später und in ihren Ursprüngen
sind die frauenfeindlichen Einstellungen kaum nachweisbar.
So werden zum Beispiel im Koran die Gleichheit und ergänzende Natur der
Geschlechter gepriesen. Die Gleichung Frau = minderwertig hatte jedoch schon
so an Einfluss gewonnen, dass mit der Zeit auch in diesen beiden Religionen
die Norm der Mehrheit die Überhand gewann.
Vor Beginn der Achsenzeit waren Frauen in den verschiedenen Zivilisationen
oft hoch geachtet, erst während und nach der Achsenzeit wird der Verfall
der Position der Frau spürbar. Frauen wurden zum Eigentum von Männern,
wurden von vielen Berufen ausgeschlossen und der manchmal drakonischen Gewalt
ihrer Ehegatten unterworfen. Wie Karen Armstrong in ihrem Buch „Buddha”
schreibt:„Frauen im Iran, Irak und später in den hellenistischen
Staaten wurden verschleiert und in Harems eingeschlossen und Frauenfeindlichkeit
blühte.
Die Frauen des klassischen Athen (500 - 323 v. Chr.) waren besonders benachteiligt
und fast völlig vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen; ihnen wurden
als Haupttugenden Schweigen und Unterwerfung zugeschrieben. Die frühen
hebräischen Traditionen hatten Miriams und Deborahs Heldentaten verherrlicht,
aber nach der prophetischen Glaubensreform waren die Frauen im jüdischen
Gesetz in eine Zweitklassigkeit abgerutscht.”
Immer
wieder gab es überragende Frauen, die sich über die Beschränkungen
der Möglichkeiten ihrer Zeit erhoben. Auch waren einige geschichtliche
Perioden wie ein „goldenes Zeitalter” für Frauen, so zum Beispiel
das 7. bis 13. Jahrhundert im Islam. In dieser Periode gab es viele einzigartige
Dichterinnen und Denkerinnen sowie weibliche Gelehrte und Geistliche in der
arabischen Welt. Im mittelalterlichen Europa tauchten bedeutende Mystikerinnen
auf.Trotz alledem, vorherrschend war in den letzten dreitausend Jahren das Paradigma
der Höherwertigkeit des männlichen Geschlechts; keine Bewegung, keine
Religion, kein Mensch, kein Einfluss war stark genug, diesen Zustand zu ändern.
Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts begann in vielen westlichen Ländern
das Ringen der Frauen, Grundrechte und soziale Gerechtigkeit zurückzuerhalten.
Die beiden Weltkriege beschleunigten das Tempo gesellschaftlicher Veränderung,
weil viele Frauen begannen, bislang Männern vorbehaltene Berufe auszuüben.
Die Frauenrechts-Bewegung, die sich besonders in Europa und den USA in den sechziger
und siebziger Jahren entwickelte, setzte das Ringen in der ihr eigenen Art und
Weise fort. Viele Rechte, für die sie gekämpft haben, gehören
heute zur selbstverständlichen Struktur unserer Gesellschaft. Die Schriftstellerin
und Feministin Elaine Showalter merkte kürzlich an, dass nach ihrer Ansicht
das Werk des Feminismus vollbracht sei. Es gebe viele Arten von Feminismus,
aber keine feministische Bewegung mehr, da es keine Prinzipien mehr gebe, die
weltweit bei den Frauen Anklang fänden.
Zumindest in der westlichen Welt wird heute allgemein anerkannt, dass Frauen,
die die eine Hälfte der Menschheit ausmachen, die gleichen Rechte wie der
anderen Hälfte zustehen. Das globale Bild ist jedoch wesentlich ungleicher,
die Vorurteile gegenüber Frauen sind immer noch tiefverwurzelt. Bemerkenswert,
dass bei den Verhandlungen um die Neugestaltung Afghanistans Frauenwahlrecht
und gleiche Bildungsmöglichkeiten selbstverständlich einbezogen wurden.
Ein hoffnungsvollles Zeichen für das wachsende Verständnis, dass die
Gleichberechtigung für Frauen nicht verhandelbar ist.
Und wo steht nun die Frau im Jahre Zweitausendzwei? Zumindest in einem Teil
der Welt wurde eine grundlegende gesellschaftliche Gleichberechtigung erreicht.
Ist hier das Ende der Geschichte? Bei Feminenza denken wir, dass es noch mehr
über unser Geschlecht und seine Möglichkeiten zu entdecken gibt. Feminenza
wurde im April 2000 als internationales Frauennetzwerk gegründet, arbeitet
heute, nur zwei Jahre später, bereits in 16 Ländern und möchte
einer neuen Template für Frauen den Weg ebnen.
Nach Jahren individueller Suche und Erfahrung kamen Frauen vereint in dem Wunsch
zusammen, sich ein besseres Verständnis über die wahre Natur und Bedeutung
ihres Geschlechts zu erarbeiten.
Entwicklung
im Dreiklang
Entwicklung vollzieht sich in Stufen und findet ihren Ausdruck in der Sprache.
Ähnlich dem Englischen, wo es drei charakteristische Bezeichnungen für
das Weibliche gibt, female, woman, lady, bietet die deutsche Sprache drei Hauptbegriffe,
nämlich Weib, Frau,Dame, von denen interessanterweise heute fast nur der
mittlere Begriff verwendet wird.
Die Frauen, die sich bei Feminenza zusammengefunden haben, suchen nach einer
höheren Ebene femininer Entwicklung, was wir mit dem Begriff der „Dame”
verbinden.
Das Weibliche ist uns von Geburt an mitgegeben, die Frau entwickelt sich mit
der Pubertät und begleitet das Weibliche ein Leben lang. Daher sind diese
zwei Leben, Weib und Frau, unsere ständigen Begleiter, sie gehören
zu unserer Grunderfahrung.
Das Leben der Dame jedoch wird kaum gefördert und gestärkt und kann
darum auch nur selten zum Vorschein kommen.Wir arbeiten auch am besseren Verstehen
unserer weiblichen und fraulichen Erfahrungen, denn beide rufen nach Entwicklung
und Verfeinerung. Letztendlich müssen alle drei Komponenten zusammenarbeiten,
damit sich das Potential des Lebens entwickeln kann.
Ein Beispiel: Das Weib fühlt sich manchmal vernachlässsigt und übersehen,
durch all die Bedürfnisse der Frau, Neues zu lernen, einen guten Job zu
haben, eine gute Muttter zu sein und all den anderen Anforderungen, die an die
Frau gestellt werden. Die Folgen sind Durcheinander und Stress aufgrund dieses
inneren Konflikts.Wir haben festgestellt, dass es besseres Verständnis
und geeignetes Management braucht, um diesen drei Wesensaspekten gerecht zu
werden, denn jeder einzelne hat seine ganz eigenen psychologischen, emotionalen,
mentalen und spirituellen Bedürfnisse.
Wenn
die Dame weiß, was sie will und warum sie es will, kann sie der Frau und
dem Weib eine weise Ratgeberin und Lenkerin sein und dadurch kann ein höchst
harmonisches Zusammenwirken im Dreiklang möglich werden. Das Leben der
Dame fördert natürliche und innewohnende Qualitäten, wie Fürsorge,
Geduld, Respekt vor der Einzigartigkeit jeden Lebens. Die Dame ist diejenige,
die Weisheit zu entwickeln vermag. Daran angrenzend existiert eine spirituelle
Domäne, und nach unserer Erfahrung ist die Entwicklung der Dame entscheidend
für die Befreiung und Einwirkung des Geistes auf unsere Leben. Hier beginnt
eine Entdeckungsreise, die weiter führt, als hier beschrieben werden kann.
Die Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre sind faszinierend gewesen. Feminenza
geht in ihr drittes Jahr und es ist unser größter Wunsch, so vielen
Frauen wie möglich dieses reiche Netz internationaler Gemeinschaft und
Austauschs zugänglich zu machen. Bereits im letzten Jahr haben wir Workshops,
Gesprächsabende,Vorträge und Kurse veranstaltet zu Themen wie „Das
Leben in die eigene Hand nehmen”, „Persönlicher Ausdruck”,
„Beziehungen bewusst gestalten”. Die Rückmeldungen sind ermutigend.
Frauen berichten über erlebte Wärme und Bestärkung, die sie fühlten,
und über den Reiz der neuen Verständnisse.
Wir haben begonnen, Kontakte zu anderen Frauenorganisationen zu knüpfen
und freuen uns über den Dialog und die Gegenseitigkeit, die daraus entstehen
kann; wir hofffen, dass sich im kommenden Jahr noch viel mehr entwickelt.
Feminenza
angegliedert ist die Ruby Care Foundation, eine internationale gemeinnützige
Organisation, die Schulungen, Gespräche und Vorträge für beruflich
und ehrenamtlich Tätige anbietet im Umgang mit Tod und Trauer und in der
Beratung von chronisch und unheilbar Kranken und deren Angehörigen. Hier
gibt es bereits bemerkenswerte Erfolge durch eine neuartige Herangehensweise
an diese Themen,mit denen schwierig umzugehen ist, nicht zuletzt, weil sie so
sehr tabuisiert werden.
Als ich mich umfassender mit den Frauen der Vergangenheit befasste, wurde mir
klar, dass niemand von uns alleine dasteht, dass es eine Tradition von Qualitäten
gibt, von Mut, Mitgefühl, Fürsorge, Geduld und Entschlossenheit.
Feminenza ehrt diese Frauen, bekannte und unbekannte, und ich weiß, dass
ich dieselben Qualitäten verwirklichen kann, wenn ich das tue, wozu mich
die Zeit, in der ich lebe, ruft. Ich glaube, dass heute Frauen etwas möglich
ist, das neu ist, das ein großes Potential in sich trägt, eine spirituelle
Gleichberechtigung, wie es sie noch nie gab. Hierin ist die Hoffnung auf eine
bessere, humanere Welt begründet, in der der weibliche Beitrag gleich geehrt
und geschätzt ist, weil man versteht, dass die Welt partnerschaftliches
Wirken von Frauen und Männern braucht - und nicht nur entweder die einen
oder die anderen.
Anna Hannon
Wenn Sie an mehr Informationen über Feminenza interessiert sind: www.feminenza.org
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