Interview mit dem Komponisten Volkmar Studtrucker
Musik mit neuen Akzenten
Der
Komponist Volkmar Studtrucker, 1960 in Erlangen geboren, überrascht ...
durch eine konsequente Abkehr von allem, was seit Jahrzehnten als modern klingt.
Er bricht radikal mit der Tradition der ars nova, sucht seinen eigenen
Weg in einer neu entdeckten Tonalität, in Harmonie und Wohlklang.
In der Gegenwart haben sich mehrere Komponisten von der bisherigen Avantgarde
abgewandt, um die Musik mit den alten Werten neu zu beleben, aber selten geschah
dies so bekenntnishaft wie bei Volkmar Studtrucker.
Fritz Schleicher, Nürnberger Nachrichten, 5.5.2000
TOPAZ: Wie können Sie es nach dem 20. Jahrhundert, dem Jahrhundert
der atonalen Musik und avantgardistischer Ideen, vertreten, wieder tonale, harmonische
Musik zu schreiben? Ist das nicht passee?
Ich wurde in diese Richtung schon angesprochen, ob dies denn zeitgemäß
wäre. Besonders die vorausgehende Generation der Komponisten und Musiker
der E-Musik scheint Schwierigkeiten zu haben, harmonische Musik zu ertragen.
Ich persönlich denke da anders, in größeren zeitlichen Dimensionen:
Seit der industriellen Revolution verlieren die Menschen immer mehr ihre Wurzeln
und ihr Empfinden, Teil der Schöpfung zu sein.
Sie erkennen sich mehr und mehr als Individuen, die in einer modernen Gesellschaft
bestehen müssen in Form von Karriere, Geld, Macht, Ansehen, eben das leidige
Spiel. Der Beginn der atonalen Musik war sicherlich ein respektabler Versuch,
aus Strukturen auszubrechen, die als alt und vergangen empfunden wurden, doch
dann wurde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet: Von den gewachsenen Werten
tonaler Musik wollte man nur weniges erhalten wissen. In der Folge wurde ein
intellektuelles Gebäude errichtet, das sogar Unsinniges sinnvoll erscheinen
lässt. Interessant, dass ähnliche Prozesse in der Malerei und in anderen
menschlichen Ausdrucksfeldern stattgefunden haben. Das alles beschleunigt die
Entfremdung des Menschen von sich selbst. Deswegen starte ich einen neuen Versuch
aus unserem tonalen Erbe heraus.
Nicht um intellektuelle Ansprüche zu befriedigen, sondern um Brücken
aus Tönen zu bauen, über die Menschen leichter Kontakt mit sich
selbst finden können. In einem früheren Projekt der Übersetzung
von Farben in Klänge hat sich mir klar gezeigt, dass es sich hier nicht
um bloße Fantasie, sondern um sehr reale Zusammenhänge handelt.
TOPAZ: Was bedeutet für Sie Musik?
Musik kann eine Brücke bauen zu natürlichen Balancen, die wir heutzutage
oft vernachlässigen. Musik ist als Energieträger in der Lage unser
Gehirn zu beeinflussen und einzustimmen. Das sind Dinge, die früher durchaus
gang und gäbe waren, man hat sich mit Gesängen eingestimmt auf gewisse
Ereignisse, seien es Feste wie Weihnachten oder wenn eine Mutter ihr Kind in
den Schlaf singt. Das ist doch durch nichts zu ersetzen.
TOPAZ:
Kommt in den Gesängen für den Pilger und in der Morgensinfonie,
Ihrem ersten großen Werk, nicht noch mehr zum Ausdruck?
Es ist in mir eine tiefe Leidenschaft und Begeisterung, in eine Welt vorzudringen
und auch eine Welt zu übersetzen, die von einer sehr ausgewogenen Harmonie
getragen wird, die einen Bezug hat zur Natur, zur Schöpfung. Darin liegt
die eigentliche Wurzel der Kraft.
TOPAZ: Wann haben Sie angefangen zu komponieren?
Die kompositorische Arbeit habe ich etwa 1990 begonnen, vorher war ich eher
im Jazz zu Hause.
Anfang der neunziger Jahre habe ich mit Freunden an einem musikalischen Projekt
über Farbfrequenzen gearbeitet. Wir haben ganz einfach versucht, Farben
in Musik und Klang zu übersetzen. Dies hat einen neuen Trend in meiner
Arbeit ausgelöst.
TOPAZ: Der bayerische Innenminister Dr. Beckstein zeigte sich angetan bei
der Uraufführung der Morgensinfonie. Sind weitere Aufführungen dieses
Werks geplant?
Dieses Jahr in Österrreich in Wolfsberg und in Feldkirchen wird es wieder
soweit sein, am 8. und 9. Juni 2002. Dort werde ich dann auch selbst dirigieren.
TOPAZ: Wie sieht es mit neuen Projekten aus? Haben Sie neue Ideen?
Ja, seit fast zwei Jahren arbeite ich an einer neuen Sinfonie für Orchester
und Chor in fünf europäischen Sprachen. Ich bin dabei diese fertig
zu stellen.
TOPAZ:
Haben Sie besondere Wünsche, was die Erstaufführung dieses Werkes
angeht?
Zuerst einmal müsssen wir noch einen Sponsor finden; ein Sponsor hat mir
damals auch die Fertigstellung der Morgensinfonie ermöglicht. Am liebsten
würde ich die Europäische Sinfonie erstmalig hier in Nürnberg
in der Burg uraufführen. Diese Idee will mir nicht aus dem Kopf. Und wir
brauchen ein großes Orchester und einen Chor, der in der Lage ist, in
fünf Sprachen zu singen
TOPAZ: Sicherlich kein einfaches Unterfangen, wir wünschen Ihnen viel
Glück!
CD-Bestellung über: www.volkmar-studtrucker.de
V. Studtrucker studierte klassische Musik am Meistersinger-Konservatorium
in Nürnberg. Er wirkte bei verschiedenen Platten- und Rundfunkaufnahmen
mit und unterrichtet an der Musikschule in Herzogenaurach.
Interview von G. Oberrauter und C. Schenk
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