Desiderius Erasmus (1466? - 1536)
Respekt gebürt all den bekannten und unbekannten Männern und Frauen
der Geschichte, die - in ihrer Weise - für eine lebenswerte Welt eintraten.
An dieser Stelle wollen wir gelegentlich besondere Persönlichkeiten der
Menschheitsgeschichte würdigen.
Desiderius Erasmus, oft einfach Erasmus genannt, war ein holländischer
Dichter, Gelehrter, Humanist und eine Schlüsselfigur der Renaissance in
Nordeuropa. Er wird auch als Vater der Renaissance bezeichnet.
Erasmus wurde wahrscheinlich am 27. Oktober 1466 geboren, in einer Zeit bedeutender
Umwälzungen in Europa. Einer der Haupteinflüsse seines Lebens war
die Bruderschaft, die Gerard Groote (1340-84) gegründet hatte, die "Brüder
vom gemeinsamen Leben”, die neue Wege suchten, Religion und Leben zu vereinigen.
Groote wollte, dass alle Menschen fähig seien, die Bibel zu lesen, und
begann die Bibel in die Landessprache zu übersetzen.
Er war ein Mystiker, für den die kirchliche Institution weniger bedeutete
als die direkte Verbindung des Menschen mit Gott. Viele geistige Führer
der Zeit wurden durch diese Bruderschaft beeinflusst, auch Erasmus und Luther.
Nach einem kurzen klösterlichen Leben entschloss sich Erasmus, die Klostermauern
zu verlassen, da er überzeugt war, dass er ein religiöses Leben inmitten
der Versuchung leben müsse; er wollte nicht so tun, als ob das einfache
Leben nicht existiere. Er war ein sehr fruchtbarer Schreiber mit großem
Sinn für Humor, der sich z.B. in Satiren ausdrückte, die sich nicht
scheuten, Tabuisiertes zur thematisieren. Er kämpfte literarisch gegen
Ignoranz und Aberglauben und brachte so vielen Menschen neue Denkweisen nahe.
Erasmus hielt seine religiösen Überzeugungen gegen große Widerstände
aufrecht. Er sah die Fehlerhaftigkeit der katholischen Kirche und glaubte, dass
sie durch Erziehung geheilt werden könne. Eine gute Bildung auch der einfachen
Leute würde durch größere Weisheit die Kirche reformieren.
Er gilt als Vertreter reformatorischer Bewegungen, obwohl er die Teilung der
Kirche strikt ablehnte. Er nahm Stellung gegen Luther und wurde deshalb von
den Reformatoren kritisiert, die ihn als einen ihrer Köpfe angesehen hatten.
Gleichzeitig wurde er für seine Einstellungen zur inneren Reform der Kirche
kritisiert. Diese durch die Gegensätze der Reformationszeit verursachten
Teilungen beeinflussen Europa in vielen Bereichen bis heute. Erasmus ließ
nicht ab von seinen Grundüberzeugungen, keiner Seite gelang es ihn für
sich zu vereinnahmen. Ähnlich wie sein Freund Sir Thomas Moore, der viele
seiner Ansichten teilte und dafür sterben musste, ließ sich Erasmus
auf nichts ein, das seinem Gewissen widersprochen hätte.
Er war ein Verfechter des Rechts einer jeden Person für sich selbst zu
denken, und er vertrat Vernunft, Toleranz und Pazifismus in einer Zeit, der
diese Begriffe fremd waren. Er war davon überzeugt, dass Lernen die Kirchenführer
gerechter und religiöser machen würde und dass es die Kirche auf den
spirituellen Weg zurückführen könne.
Er war ein Mann der Renaissance, der, auch wenn er ständig für seine
Überzeugungen kämpfen musste, seinen Sinn für Humor nicht verlor,
der festhielt an einer tiefen Menschlichkeit, an seinem Glauben an innere Reformen
und an seiner religiösen Überzeugung.
Marion Verweij, Holland
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